Blind vor Schnelligkeit – Deutscher Sandlaufkäfer

Alexander und Ulrich Pflug, Uwe Schwenk

Deutsche Sandlaufkäfer

Deutscher Sandlaufkäfer (Cylindera germanica), Fotograf: Alexander Pflug

Der Deutsche Sandlaufkäfer (Cylindera germanica) läuft auf der Jagd, bevorzugt nach Ameisen, manchmal so schnell, dass er nichts mehr sehen kann. Dann muss er sich auf seine ausgeklügelten Antennen verlassen. Er kommt nur noch vereinzelt vor, unter anderem auch in unserem Einzugsgebiet auf der Schwäbischen Alb.

Ihn zu „erwischen“ und dabei noch ein ansprechendes ungewöhnliches Foto zu machen, haben wir uns als Aufgabe im Rahmen unseres Wilde Alb – Projekts gestellt. Der Deutsche Sandlaufkäfer kommt in unserem Einzugsgebiet am Albtrauf vor, so dass wir in unzähligen Versuchen wenigstens einen angenehmen Anfahrtsweg hatten.

Ich möchte nicht wissen, was sich die Leute gedacht haben, als ich auf dem Boden kniend an einer kargen Stelle mit der Kamera ins scheinbare Nichts gezielt habe und immer wieder aufgestanden bin, um an anderer Stelle wieder hinzuknien. Und das in sengender Hitze. Die Käferchen lieben es bei größtmöglicher Hitze in der prallen Sonne aktiv zu sein, wir nicht. Ein Tuch um die Stirn gebunden hält wenigstens die ärgsten Schweißtropfen von der Kamera ab. Dann bedarf es unzähliger Versuche und viel Geuld. Näher ran, manuell fokussieren, Auslöser drücken und feststellen, dass man mal wieder zu langsam war. Wenn einen die Hitze und die überaus aktiven Tierchen zermürbt haben geht es wieder mit wackligen Knie den Berg wieder runter. Zuhause angekommen stellt man dann fest, dass die Ausbeute unscharfe, verwackelte oder Fotos ohne jeglichen Käfer drauf sind.
Also andere Herangehensweise, vielleicht hat auch der Zufall mitgespielt. Ich bin bei bestem Wetter wieder auf den Berg, oben angekommen war nicht weit weg ein heranziehendes Gewitter zu hören. Trotzdem, ein, zwei Aufnahmen sind bestimmt noch drin. Und tatsächlich waren immer noch Käfer aktiv, zwar wesentlich weniger, aber dafür bei leichter Bewölkung, so dass das Licht nicht mehr so hart war. Und tatsächlich, die ersten Bilder gelingen.

Deutscher Sandlaufkäfer (Cylindera germanica), Fotograf: Alexander Pflug

Also das nächste Mal am Abend zu den Käfern bei bester Abendsonne und dem Sandlaufkäfer-Vorkommen schon im Schatten. Nur ein einziger Käfer war noch unterwegs, der aber sogar, wie mir schien, etwas langsamer. Wieder ein paar Aufnahmen!
Dranbleiben heißt hier die Devise und weiter beobachten und ausprobieren.

Alexander Pflug

 

…habe nach einigen Versuchen meine Taktik geändert und gehe, wann immer möglich mit meiner Frau, welche die flinken Käfer beobachtet und mir immer sagt wohin das liebe Tierchen gerade rennt. Links, rechts auf dem großen Stein…stopp – heißt dann, dass er im Gras und Dickicht verschwunden ist. Neues, leider ausgeruhtes Käferchen suchen, auf die Knie und von vorne geht es los. Durch die Linse sind die einfach nicht zu verfolgen. Wie schon gesagt „blind vor Schnelligkeit“ gilt leider auch für den Fotografen, da man ja beim manuellen fokussieren erstmal nix sieht. Beim vorletzten Versuch waren wir gerade an der besagten kargen Stelle und haben die Kamera mit Makro bestückt als ein starkes Gewitter hereinzog und es heftig zu regnen begann. Alles schnell einpacken und im nahen Wald „verstecken“. Nach einer dreiviertel Stunde dann, nass bis auf die Haut, hört es auf zu regnen. Wir wollen trotzdem mal nachschauen wie es mit den lieben Tierchen aussieht, rechnen uns aber nur sehr geringe Chancen aus. Sobald aber die Sonne wieder da war, kamen sie raus und führten uns über den Trampelpfad, wir, wie gewohnt auf den Knien rutschend, hinterher.

Deutscher Sandlaufkäfer, Fotograf: Ulrich Pflug

Deutscher Sandlaufkäfer, Fotograf: Ulrich Pflug

Die Käferchen waren wie immer mit extremer Geschwindigkeit unterwegs, auch über Pfützen hinweg. Keine leichte Aufgabe, aber eine die wirklich auch Spaß macht. Wir haben viel gelacht – es sieht einfach zu komisch aus.

Ulrich Pflug

 

Einen Käfer zu fotografieren scheint anfangs kein großes Problem zu sein. Doch schnell wurde ich hier eines Besseren belehrt. Der Deutsche Sandlaufkäfer mit seinen 10 mm Körpergröße ist so schnell, man kann sagen ein Roadrunner auf sechs Beinen. Dazu kommen noch die guten Tarneigenschaften, die er sehr gut einzusetzen weiß. Anders als seine Verwandten kommt der Deutsche Sandlaufkäfer später im Jahr zum Vorschein. Bei Temperaturen über 25 C° ist er so richtig aktiv, deshalb gehe ich auch bei bestem Freibad Wetter zum Käfer fotografieren. Auf allen vieren robbe ich die Erd und Schotterwege entlang immer dem Käfer hinterher. In der Hoffnung unbeobachtet zu bleiben, denn wenn da einer zuschaut der meint wahrscheinlich ich bin reif für die Anstalt.

Der Käfer ein großer Dauerläufer rennt und rennt, hat er endlich mal eine kurze Verweilzeit, ist das der Moment für den Fotografen, vorausgesetzt er konnte mithalten. Eine Aufnahme, die Schärfe nochmals kontrollieren, dann eine zweite Aufnahme. Die Aufnahmeposition ist nicht gerade toll, vielleicht etwas tiefer also ganz flach auf die Erde? Scharfstellen, doch wo ist der Käfer? Weg, einfach weg, das kann doch nicht sein, er hat sich tatsächlich in Luft aufgelöst.

Deutscher Sandlaufkäfer, Fotograf: Uwe Schwenk

Die Suche nach einem weiteren Sandlaufkäfer beginnt erneut, zum Glück dauert es nicht lange. Erneut die gleiche Prozedur, dem Käfer hinterher, der Schweiß läuft am ganzen Körper. Endlich verweilt er wieder, also scharfstellen, auslösen, erneut scharfstellen, ich find die Schärfe nicht mehr und dann das noch, der Schweiß läuft in die Augen. Aus und vorbei, nichts geht mehr, also zuerst zurück zum Handtuch, alles trockenreiben und weiter geht es.

Deutscher Sandlaufkäfer, Fotograf: Uwe Schwenk

Deutscher Sandlaufkäfer, Fotograf: Uwe Schwenk

Wieder ein Käfer, also tiefste Gangart, zum Glück hatte ich dies in früheren Jahren mal gelernt. Doch die Knie schmerzen, die Steine scheinen alle spitz zu sein, egal, da muss man durch, also beißen, beißen und nochmals beißen. Dann eine super Situation, eine Aufnahme nach der anderen, die Position etwas ändern, wunderbar, er bleibt stehen, noch flacher, dann ein seltsames Geräusch aus der seitlichen Hosentasche. Das klang nicht gut aber es geht weiter, nachdem die Situation abrupt durch den Käfer beendet wurde schaute ich in meine Hosentasche. Oh Gott, mein Smartphone, das Panzerglas, was ich zum Glück auf mein iPhone klebte, ging unter der Last auf den Steinen zu Bruch.

Gebrochenes Panzerglas iPhone, Fotograf: Uwe Schwenk

Also Feierabend für heute und ab nach Hause Bilder sichten und Elektrolyte nachtanken. Ausgelaugt von der Hitze und Strapazen genehmige ich mir zuhause ein Weißbier, ich kann euch sagen ein Gedicht.

Uwe Schwenk

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